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08.06.2016 -
„Der Gast im Burgenland"
Ideen für eine innovative Tourismusstrategie

Durch die Veranstaltung führte Rainer Nowak, Chefredakteur "Die Presse".

Am 8. Juni 2016 fand im Kalandahaus Trausdorf das Symposium „Der Gast im Burgenland.“ statt. Teilnehmer waren: LR MMag. Alexander Petschnig, Norbert Kettner – Wien Tourismus, Mag. Andreas Kreutzer – Tourismusberater, Walter Eselböck –Gastronom und Spitzenkoch. Durch die Diskussion führte Rainer Novak, Chefredakteur von „DIE PRESSE“.


Zu Beginn wurden die aktuellen Fakten und mehrere problematische Entwicklungen des Tourismus im Burgenland angesprochen: 2015 lag das Burgenland mit einem bescheidenen Nächtigungsplus von 0,4 Prozent abgeschlagen am Ende der Österreich-Statistik, wo der Schnitt bei plus 2,5 Prozent lag. Auch die Zahl der Übernachtungen von Ausländern im Burgenland konnte dem allgemeinen österreichischen Trend entsprechend nicht gesteigert werden. In den vergangenen drei Jahren stagnierte die Zahl der Übernachtungen von ausländischen Gästen, nachdem sie zuvor deutlich gesunken war.

Bei den Ankünften 2015 wurde österreichweit ein Plus von rund 5 Prozent zum Vorjahr erzielt.  Unter den Bundesländern schnitt Wien am besten ab; das Burgenland bildet mit knapp plus 0,98 Prozent das Schlusslicht.

 

Besonders dramatisch ist die Entwicklung, wenn man diese Zahlen mit denen nahgelegener Stadtregionen vergleicht: Wien mit plus 5,3 Prozent, Bratislava plus 6,3 Prozent und Budapest plus 8,5 Prozent.

 

Eine besondere strukturelle Problemsituation gilt es zu bedenken: Fast 40 Prozent am gesamten Übernachtungsaufkommen im Burgenland verteilen sich auf zwei Segmente: nämlich auf die zwei „traditionellen“, Gesundheits-/Kur-Gemeinden Bad Tatzmannsdorf und Bad Sauerbrunn und die drei „neuen“ Thermen/Wellness-Standorte Stegersbach, Lutzmannsburg und Frauenkirchen. Während die traditionellen Gesundheits- und Kurstandorte über ein solides, eingesessenes Klientel verfügen und sich in hohem Masse auf Sozialversicherungs-Gäste im Inland stützen, stehen die „neuen“ Wellness-Orte in einem starken Verdrängungswettbewerb mit Standorten wie Wien/Oberlaa, der Oststeiermark und neuen Standorten in der Slowakei und Westungarn.  Dies verdankt man der starken Investitionspolitik des Landes aus EU-Fördermitteln. Zu Bedenken ist auch, dass die Nachfrage insgesamt im Zeichen einer Sättigung respektive einer Stagnation steht.  

 

Analysen von Experten haben ergeben, dass in der Vernetzung der Standorte mit attraktiven neuen Angeboten zum Teil erhebliche Mängel bestehen. Zum Beispiel kann die Fokussierung auf Kleinkinder und Familien (z.B. Therme Lutzmannsburg) nur schwer mit Weintourismus oder den Klassik-Angeboten des Liszt-Zentrums Raiding kombiniert werden.

 

Andreas Kreutzer betonte, dass es dem Burgenland bis dato noch nicht gelungen sei, zusätzlich zum Segment Gesundheits- bzw. Wellnesstourismus weitere tragfähige touristische Standbeine, etwa im Kultur-, Natur-, Tagungs- und Festivaltourismus aufzubauen, die zu mehr Übernachtungen führen. Er meint, dass z.B. der Radtourismus im Burgenland noch auszubauen sei. Standorte wie Mallorca kennen einen ganzjährigen Tourismus für Radfahrer. Dagegen wurde gehalten, dass der Süden ganzjährig andere Klimaverhältnisse kennt.  

 

Angesichts der enormen Nachfragepotentiale in der unmittelbaren Nähe der Metropolen Wien, Budapest bzw. Bratislava sind die Schwächen im Angebot des Burgenlandes ein massives Versäumnis. Kreutzer betonte, dass nun die Initiative von Unternehmern gefragt sei, Investitionen im gehobenen Hotelsegment und bei attraktiven Event- und Kulturangeboten umzusetzen.


Große Bedeutung der ZWEITWOHNSITZE im Burgenland

Worin die Stärken und Schwächen des Burgenlandes liegen, zeigte Andreas Kreutzer in seinem Vortrag auf. Die touristischen Besuchstage im Burgenland sind an den reinen Nächtigungszahlen nicht festzumachen. Das Land hat unterschiedliche Besonderheiten, die zu beachten sind. Zwei wichtige Bereiche sind nicht umfassend erfasst worden. Zum einen haben ca. 12.000 Personen Zweit- (resp. Neben-)Wohnsitze.  Sie stammen vor allem aus dem Wiener Raum und Ostösterreich und verbringen bis zu 100 Tage pro Jahr im Burgenland. Zum anderen werden in den Statistiken die Tagestouristen in den Shoppingzentren, insbesondere im Parndorfer Outlet Zentrum, mitgerechnet. Diese tragen ebenso zur Wert-schöpfung bei, sind jedoch eher dem Handel als dem Tourismus zuzuordnen. „Das Burgenland wird am besten so definiert: Es ist seit vielen Jahrzehnten Naherholungsgebiet für die Bewohner des Großraumes Wien (das „Meer der Wiener“), welches gelegentlich auch für Übernachtungen genutzt wird“, so Kreutzer. Es gilt nun, konkurrenzfähige Angebote zu schaffen, damit der Gast seine Aufenthaltsdauer verlängert und eine noch größere Kaufkraft ins Land bringt.

 

Die stärksten Angebote müssen ins Schaufenster!

Norbert Kettner, Leiter von Wien Tourismus, erklärt, dass der Tourismus weltweit eine boomende Industrie ist. Jährlich kommen dutzende von Millionen Touristen dazu.  Jeder reist heutzutage und keiner will klassisch als „Tourist“ behandelt werden. Jeder sucht das authentische und unverwechselbare. Wien ist eine absolute Erfolgsdestination und hat  2015 ein Nächtigungs-Plus von 6 Prozent erzielt, wobei die gesamte Region einen touristischen Boom verzeichnet. Er sprach über die besonderen Techniken der Vermarktung und der Schaffung von nachhaltigem Mehrwert in den Angeboten. „Der Tourismus braucht einen besonderen Fokus auf Zielgruppen. Man muss seine Stärken analysieren und mit diesen dann gezielt in die Bewerbung gehen. Wie bei einem guten Kaufmann, muss man die attraktivsten Stücke ins Schaufenster gestellt. Wenn das Schaufenster mit einer Vielzahl an Angeboten verstellt ist, erweckt man keine Aufmerksamkeit, vielmehr entsteht der Eindruck von Billigware. Der Konkurrenzkampf weltweit in der Bewerbung der touristischen Destinationen ist enorm und nur das Beste und Herausstechende wird wahrgenommen. Dabei ist wichtig „Mut zur Lücke“ zu haben. Das Burgenland hat für den nationalen, wie auch den internationalen, Tourismus einiges zu bieten. Es muss sich dieser Stärken jedoch besinnen und diese in den Vordergrund stellen.

Wege für den burgenländischen Tourismus

Bei der anschließenden Podiumsdiskussion betonte der Tourismuslandesrat Alexander Petschnig, „das Burgenland ist aufgrund seiner geographischen Lage ein recht heterogenes Land. Durch das neue Tourismusgesetz sollen nun die kleinräumigen Tourismusregionen gestärkt werden. Die stagnierenden Zahlen sind uns bekannt, es ist nun die Wirtschaft gefordert. Wenn dabei koordinative Schritte vom Land Burgenland gefordert werden, wollen wir uns für Kontakte einsetzen“.

Top Gastronom Walter Eselböck appellierte an erster Stelle an die Burgenländer selbst: „Wir sind im Burgenland in der Lage, auf unsere Geschichte und Traditionen aufzubauen. Was ich mir ebenfalls wünsche, sind mehr Mut und Unternehmertum, positives Denken und mehr Anpacken. Ich wünsche mir ein Selbstbewusstsein, wie es z.B. die Tiroler haben.

Optimistisch schloss Norbert Kettner die Diskussion: „Das Burgenland besitzt Kultur, Gastronomie und Kulinarik auf internationalem Niveau, dazu ein begünstigtes Klima. Es sind also die Ingredienzien da, was noch fehlt, ist das Geschirr, in dem alles zusammengerührt wird und die richtigen Rezepte.“

"Der Gast im Burgenland" - Schwächen und Zukunftspotentiale

5 Thesen zum Tourismus im Burgenland

Burgenlands Tourismus auf dem Prüfstand" - Perspektiven um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern

Vortragender: Mag. Andreas Kreutzer , kreutzerfischerpartner

Mehr Wert im Tourismus

Vortragender: Norbert Kettner, Wien Tourismus

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